Aufbau und Funktion eines Akkordeons
Mit dieser Seite möchten wir Ihnen die grundsätzliche Funktion eines Akkordeons erklären. Es ist nicht beabsichtigt eine vollständige Abhandlung in allen Details darzulegen, es soll nur einen kleinen Einblick geben. Ergänzend sind in den jeweiligen Kapiteln in Bildergallerien noch weitere Variationen dargestellt. Weiterhin sind noch ein paar Infos zu chromatischen Knopfakkordeons sowie von Steirischen als Vertreter von diatonischen Instrumenten am Ende der Seite aufgeführt.
Als Beispielinstrument haben wir eine Hohner Atlantik IV d.L. genommen. Die technischen Daten lauten: 41 Diskanttasten, 4-chörig, 120 Bässe, 4-chörig, 11 Diskantregister mit Masterregisterstab, 3 Baßregister, Jalousie aus Stoff zur Klangfarbenbeeinflussung im Diskant. Das Gehäuse besteht aus Metall (Aluminiumlegierung), die Diskanttastatur ist aus Kunststoff und die Tasten sind einzeln aufgehängt. Die Bassmechanik besteht aus einer Kassettenmechanik (Hohner Patent), d.h. man kann sie in einem Stück herausnehmen.
Das Grundprinzip entspricht eigentlich allen Handzuginstrumenten wie, Piano-und Knopf-Akkordeon, Club, Steirisch, Bandoneum, Concertina, usw. Der Ton in einem Akkordeon wird durch eine durch einen Luftstrom angeregte Metallzunge erzeugt. Der Luftstrom wird durch das Ziehen und Drücken des Balges und gleichzeitiges Drücken einer Diskanttaste bzw Bassknopfes erzeugt.
Ein Akkordeon besteht aus einem Diskant-Teil (rechte Seite) und einem Bass-Teil (linke Seite), die durch einen Blase-Balg (Balg) verbunden sind. Die Töne werden durch Stimmplatten, die auf Stimmstöcke montiert sind, erzeugt.
Innenansicht des Diskantteils mit Stimmstöcken
Innenansicht des Diskantteils ohne Stimmstöcke
Die Lochreihen, die grau unterlegt sind, sind durch die Registerschieber geschlossen, d.h in diesem Fall würde nur ein Ton (Chor) pro Taste erklingen. Die vorderen 4 Reihen sind für die Ganztontasten (weiße) und die hinteren 4 Reihen für die Halbtontasten (schwarze).
Sonderfall Cassotto
Im Gegensatz zum oberen Beispiel sind Aufgrund des Cassottoschachtes nicht alle Stimmstöcke in einer Ebene angeordnet, sondern im rechten Winkel zueinander. Das Cassotto bewirkt eine Klangveränderung, indem hohe Frequenzanteile abgeschwächt und tiefe verstärkt werden. Dies geschieht durch eine Klangumlenkung durch den Cassottoschacht, da der Ton nicht direkt nach oben abstrahlen kann. Dadurch entsteht ein weicheres Tongebilde. Im Gegensatz dazu dämpft die oben dargestellte Jalousie nur die hohen Frequenzanteile, was bei zu starker Dämpfung (z.B. durch Einlegen von viel Zeitungspapier unter das Verdeck) auch "muffig" klingen kann.
Diskantregister (Kombinationsregister)
Auf den Registerdrückern sind weiße Punkte erkennbar. Die maximale Punktzahl pro Drücker sagt aus wieviel Chöre das Instrument besitzt. Hier sind es 4 Punkte ( 1 oberhalb, 2 zwischen und 1 unterhalb der beiden Linien), d.h. 4-chörig. Weiterhin kann man daraus erkennen welcher Art die Choranordnung ist: der Punkt oberhalb der Linie ist für das Piccolo (4´), die beiden Punkte zwischen den Linien sind für das Grund (8´) und die obere Schwebetonreihe (8°), der Punkt unterhalb der zweiten Linie für das Oktav (16´). Es gibt 11 "sinnvolle" Kombinationen bei 4 Chören, somit haben wir 11 Registerdrücker. Da ein jeder Drücker eine vorgegebene Klangfarbenkombination hat, wird dieses Diskantregister auch Kombinationsregister genannt. Diese Art von Register hat sich heute weitgehendst durchgesetzt.
Weitere Varianten
Der Balg
Der Balg ist die "Lunge" des Akkordeons. Durch das Ziehen bzw. Drücken entsteht ein Unter- bzw. Überdruck, der Luft in das Instrument bzw. aus dem Instrument strömen läßt. Durch diesen Luftstrom wird der Ton erzeugt. Der Balg selbst besteht aus gefaltetem Spezialkarton, einem Balgrahmen, der oben und unten mit dem Karton verklebt ist. Die 4 Balgseiten sind an den Balgecken meist durch Ledereinlagen verbunden und durch Balgeckenschoner aus Metall geschützt. Aus optischen Grunden wird der Karton dann mit Leinen, Papier oder Satin bezogen. Als Balgfaltenschutz findet meist Kaliko, ein Textilgewebe, Verwendung (in der Abbildung schwarz).
Tip: Falls das Kaliko durchgewetzt ist und schon der Karton sichtbar wird, sollte man schnellstens die defekten Streifen erneuern lassen, da sonst der Karton kaputt geht. Ein neuer Balg ist sehr teuer, ein paar Kalikostreifen nicht.
Baßteil von unten, ohne Baßmechanik
Detailaufnahme der Registermechanik und der Klappenmechanik im Baß.
Es sind 2 Reihen von je 12 Klappen (entspricht den 12 Tönen einer Oktave) zu sehen . Die vordere Reihe mit den großen Klappen ist für den Baß und Beibaß, die hintere Reihe mit den kleinen Klappen ist für den 1. und 2. Sekund zuständig. Beim Drücken eines Baßknopfes werden beide Klappenreihen betätigt, beim Drücken des Akkordes (Begleitung) nur die Reihe mit den kleinen Klappen.
Baßmechanik (Kassettenmechanik, ist ein Hohnerpatent) von oben gesehen.
Da man nur 12 Akkordklappen, jedoch 80 Akkordknöpfe bei einem 120-Baßakkordeon (Dur, Moll, Septime, Vermindert) hat, muß über die Baßmechanik der entsprechende Akkord hergestellt werden. Es sind mit jedem Akkordknopf 3 Mitnehmer verbunden, der über die 12 Akkordwellen die entsprechenden Akkordklappen betätigen (3 Töne pro Akkord).
Baßmechanik von unten gesehen.
Man kann sehr gut die 12 Wellen für die Baßklappenreihe erkennen.
Sonderfall: Einzelton-Bassmechaniken (schaltbar, fest)
Bei einer Standard-Bassmechanik hat man das Problem, daß man nur die vorgegebenen Akkorde spielen kann (auch bei Kombinationsgriffen z.B. C-Dur und A-Moll = C6 kann man keine Umkehrungen wie auf dem Klavier spielen). Auch in den beiden Bassreihen (Grund- und Terzbassreihe, manchmal auch zusätzlich Mollbassreihe als 3. Bassreihe beim 140-Bass-Akkordeon) hat man nur eine Oktave Tonumfang pro Register zur Verfügung. Deshalb entwickelte man für die linke Seite Bassmechaniken, auf denen man auch Einzeltöne wie auf der rechten Seite (Diskant) spielen kann. Dies wird sehr gerne bei klassischer Musik verwendet.
Es gibt 3 Hauptarten: das vorgelagerte MIII, das 3 oder 4 zusätzliche Knopfreihen haben kann, das Convertor (ist heute Standard), bei dem die 4 Akkordreihen zu Einzeltonreihen umgeschaltet werden, oder das Freebass-Akkordeon, das nur Einzeltöne auf der linken Seite hat und kein Spiel wie auf der Standardbassmechanik ermöglicht. Die Anordnung der Töne entsprechen entweder dem C- Griff bzw. dem B-Griff Sytem des Knopfakkordeons. Beim Russischen System kann auch der tiefste Ton unten (nicht wie sonst "normal" oben) angeordnet sein, d. h. man spielt von unten nach oben (Tonleiter) nicht von oben nach unten (in Spielhaltung).
Vorgelagerte Bassmechanik, auch MIII oder 185-Bass-Mechanik genannt
Convertor
Freebass
Der Stimmstock
Diskantstimmstock
Hier sehen Sie einen Halbtonstimmstock. Die Stimmplattenanordnung entspricht den schwarzen Tasten im Diskant. Die bunten Streifen sind Ventile, die die Aufgabe haben, daß nur der Ton, der gerade erklingen soll (Zug oder Druck), Luft bekommt. Diese hier bestehen aus Kunststoff, es gibt auch welche aus Leder. Die drei obersten Stimmplatten sind nicht mehr ventiliert, da hier aufgrund der geringen Größe der Stimmzungen keine Ventile mehr notwendig sind.
Diskantstimmstock von unten
Durch die sichtbaren Löcher kann die Luft ein bzw. ausströmen. In diesem Fall ist der Registerschieber nicht im Gehäuse sondern im Stimmstock eingebaut. Der Diskantstimmstock eines Pianoakkordeons umfasst immer alle Töne (hier Halbtöne) des gesamten Tastaturumfangs pro Chor.
Baßstimmstock.
Ein Baßstimmstock hat bei einer Standardmechanik immer eine Oktave Tonumfang pro Seite. Die Messingköpfe an den Zungenenden sind Gewichte, um den Ton tief genug zu bekommen. Ohne diese Maßnahme müsste die Zunge viel länger sein und man würde sie nicht mehr einbauen können (Platzproblem).
Baßstimmstock von unten gesehen
Die unterschiedlich großen Lochreihen haben folgenden Grund: Die großen Löcher sind für die Bassstimmplatten. Diese benötigen Aufgrund ihrer Größe und Gewichtes mehr Luft als die kleineren Beibassstimmplatten, die die Luft durch die kleineren Luftlöcher bekommen. Somit wird ein gleichzeitiges Ansprechen der Töne bewerkstelligt.
Im Vergleich dazu eine chromatische Mundharmonika
Zerlegte Mundharmonika mit einem Deckel
Unten ist der Kanzellenkörper (entspricht dem Akkordeonstimmstock), sichtbar, darüber die Stimmplatte mit den Zungen und Ventilen und oben ein Deckel
Mundharmonika mit Schieber ohne Deckel.
Hier kann man sehr gut erkennen, daß der Aufbau einer Mundharmonika dem eines Akkordeonstimmstockes gleicht. Der Schieber entspricht einem Registerschieber im Akkord- eon. Im Prinzip kann man sagen, daß ein Akkordeon aus mehreren in ein Gehäuse eingebauten Mundharmonikas besteht.
Hier kann man den Schieber gut erkennen.
Die Stimmplatte
Diskantstimmplatte mit Ventil.
Die Zunge (meist Spezialstahl) schwingt, angeregt durch den Luftzug durch die Stimmplatte (meist Aluminiumlegierung). Je exakter die Aussparung des Stimmplattes zur Größe der Stimmzunge passt, umso hochwertiger ist die Stimmplatte (hier: Handarbeitsstimmplatte Tipo A Mano, hohe Qualität). Dadurch daß der Luftspalt nur sehr gering ist, ist die Fehlluft nur sehr gering und der Ton spricht besser an. Ein kleines Staubkorn ist jedoch in der Lage eine Zunge zu blockieren, falls es sich in den Luftspalt klemmt. Hochwertige Instrumente sind deshalb diesbezüglich empfindlicher als einfachere Instrumente die weniger exakt eingepasste Stimmzungen haben.
Diskantstimmplatte ohne Ventil
hier kann man beide Zungen erkennen. Eine ist für Zug, eine für den Druck zuständig. Somit kann es sein, daß auf Zug der Ton erklingt, jedoch auf Druck defekt ist. Bei diatonischen Instrumenten (Club, Wiener, Steirische Modelle usw.) sind 2 verschiedene Zungen auf einer Stimmplatte befestigt. Somit erklingt bei Zug ein anderer Ton wie auf Druck. Sehr gut sind auch Schleifspuren auf der Stimmzunge zu sehen. Wird eine Zunge an der Spitze gefeilt, wird der Ton höher, feilt man sie im hinteren Bereich wird der Ton tiefer. Über diesen Weg wird ein Akkordeon gestimmt.
Stimmplattenvaritionen
Schnittmodell einer Hohner Morino IV 120
Chromatisches Knopfakkordeon
Knopfakkordeons sind vom Aufbau einem Tastenakkordeon bis auf die Diskanttastatur gleich. Anstelle von Tasten, sind Knöpfe angebracht. Es gibt 3/4/5/6 reihige Instrumente, wobei die Reihen 4/5/6 mit den Reihen 1/2/3 gekoppelt sind und somit keine Tonerweiterung darstellt. Dennoch hat man spielerisch Vorteile, da man durch die Verschiebetechnik durch die Reihen immer das selbe Griffbild hat (ein C-Dur Akkord hat das selbe Griffbild wie z.B. Es-Dur Akkord, gilt erst ab 4 Reihen, je mehr Reihen umso mehr Tonarten). Bei uns haben sich 2 Standards durchgesetzt, B-Griff und C-Griff, wobei der C-Griff insgesamt weiter verbreitet ist. Wenn man sich auf einen Griff festgelegt hat, kann man den anderen nicht spielen, da man beim B-Griff von innen nach aussen und beim C-Griff von aussen nach innen spielt (Tonleiter aufwärts). Weiterhin gibt einen flachen bzw. einen gestuften Griff.
Steirische
Die Steirische hat als Vertreter der diatonischen Instrumente sowohl Club- als auch Wiener- Modelle bei uns weitgehends abgelöst. Durch den markanten Bass ist sie insbesonders in der alpenländischen (Volk-) Musik sehr beliebt. Durch Ihre "einfache" Spielweise ist sie grundsätzlich leicht zu erlernen und man muß auch keine Noten lernen um Lieder zu spielen. Eine jede Reihe entspricht einer Tonart, somit hat eine 3-Reiher 3 Tonarten, eine 5-Reiher 5 Tonarten. Am beliebtesten sind 3 chörige 4-Reiher, da sie ein guter Kompromiss zwischen Gewicht und Möglichkeiten sind. Gängige Versionen sind hierbei G/C/F/Bb bzw. Bb/Es/As/Des.
Grundsätzlich ist die Steirische im Verhältnis zu einem chromatischen Instrument sehr einfach aufgebaut. Man hat keinerlei Registermechaniken mit den dazugehörigen Schiebern. Die Bassmechaniken sind äusserst simple, da jeder Knopf eine Klappe betätigt und die Akkorde fix über einer Öffnung (Klappe) angeordnet sind, nicht, wie bei einer Akkordeonbassmechanik, durch die größere Vielfalt über eine aufwendige Mechanik generiert werden müssen.